

Was macht eigentlich Mathias Fetsch?
"Für mich war jeder Tag beim FCA ein Wow-Effekt"
Mathias Fetsch hat in seiner Laufbahn für zehn Klubs gespielt, neben dem FC Augsburg waren das u.a. 1860 München, Eintracht Braunschweig, Karlsruher SC, Dynamo Dresden, Kickers Offenbach und die SpVgg Unterhaching, wo er seine erfolgreichste Zeit hatte. Sein Trainer war damals Sandro Wagner. Heute spielt er mit 36 Jahren für die Zweitvertretung des SC Freiburg.
Hallo Mathias, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Im Auto. Ich komme gerade vom Vormittags-Training und bin jetzt noch auf einen Sprung in die Stadt, um etwas zu erledigen.
Du bist letzte Saison beim SC Freiburg gelandet und spielst aktuell für die 2. Mannschaft in der Regionalliga. Du bist ja das, was man im Allgemeinen einen Wandervogel bezeichnet. Ich habe mal gezählt, für wie viele Klubs du bereits aufgelaufen bist. Weißt du es spontan?
(lacht) Ich kann die Anzahl jetzt nicht auf Anhieb sagen, aber es wäre kein Problem, alle Klubs aufzuzählen. Zweistellig?
Bingo, es sind genau zehn.
Ja, das ist schon eine enorme Hausnummer und ob das jetzt positiv oder negativ ist, das ist reine Ansichtssache. An sich hätte ich auch nichts dagegen gehabt, zehn oder zwölf Jahre bei einem Verein zu spielen. Aber bei mir ist es halt so gekommen, wie es kam.
Gerade im Profifußball kann man nicht immer alles steuern, oder?
Ja, das stimmt und es hat schon auch Vorteile, wenn man bei mehreren Klubs gespielt hat. Es gab Trennungen von Vereinsseite aus, aber auch Entscheidungen von meiner Seite aus, weil ich eine neue Herausforderung wollte. In Offenbach musste ich gehen, weil der Verein insolvent war und nach dem Zwangsabstieg sich die Mannschaft fast komplett aufgelöst hat. Positiv ist, dass ich sehr viele Menschen und Städte kennengelernt habe und dass ich bei mehreren Trainern Erfahrungen sammeln konnte. Wie gesagt, es ist Ansichtssache, wie man damit umgeht. Letztendlich habe ich viele Kontakte knüpfen können, was sicherlich von Vorteil für spätere Jahre sein kann.
Von Braunschweig nach Freiburg. Du bist jetzt ganz im Süden der Republik gelandet. Wie kam es denn dazu?
Vor eineinhalb Jahren habe ich mit meinem Berater Gespräche geführt, weil ich mit Mitte 30 in einem Alter bin, wo kein Zweitligist mehr anklopft. Ich konnte mir gut vorstellen, mich mit meiner Erfahrung bei einer zweiten Mannschaft eines Profiklubs einzubringen. Dabei wollte ich mich schon auch auf das Leben nach meiner Karriere vorbereiten. Mich reizt es sehr, speziell mit jungen Spielern zu arbeiten, und ich wollte schon mal Einblick gewinnen, wie das ist, Trainer zu sein. So hat sich mein Berater auf die Suche gemacht, verschiedene Klubs kontaktiert und Freiburg kam dann direkt auf uns zu.
Mit 36 Jahren wird Freiburg wahrscheinlich deine letzte Station sein. Hast du schon den Trainerjob im Visier?
Ja, derzeit mache ich auch gerade parallel den B-Lizenz-Lehrgang beim Südbadischen Fußballverband und das wird noch mehrere Monate dauern. Mein Bachelor-Studium habe ich schon abgeschlossen und habe somit auch mehrere Optionen. Aber ein Trainerdasein kann ich mir schon sehr gut vorstellen und bin da auch im guten Austausch mit dem SC Freiburg, der ja gerade im Jugendbereich eine sehr gute Adresse in Deutschland ist. Vielleicht hänge ich aber auch noch ein Jahr als Spieler an.
Wenn man deine Leistungsbilanz bei „Transfermarkt“ so betrachtet: Du hast unglaubliche 526 Pflichtspiel-Einsätze, 255 davon in der 3. Liga und 219 in der Regionalliga. Das heißt, dass du weitgehend von schweren Verletzungen verschont wurdest.
Jein, ich hatte einen Kreuzbandriss, der mich mehrere Monate außer Gefecht setzte. Ich hatte schon immer wieder mal mit kleineren Verletzungen zu kämpfen, von denen ich mich immer schnell erholt habe. Das liegt aber daran, dass ich gute Gene habe. Auch wenn man sich pflegt, gut vorbereitet und auf die Ernährung achtet, braucht man gute Voraussetzungen. Es gibt ja genügend Beispiele an Spielern, die immer auf sich geachtet haben, aber mit Anfang 30 Schluss machen mussten, weil es der Körper nicht mehr zuließ.
Zu Buche stehen auch 29 Spiele in der 2. Bundesliga mit Cottbus und Braunschweig und – ein Spiel in der Bundesliga! Du wirst dich sicherlich noch daran erinnern, oder?
Aber selbstverständlich, das war mit dem FCA und auch noch ausgerechnet gegen den SC Freiburg. So etwas vergisst man natürlich nicht im Leben, so schließt sich der Kreis.
Karlsruher SC, 1860 München, Dynamo Dresden, Eintracht Braunschweig, Kickers Offenbach: Was war deine schönste Station?
Das ist schwer zu beantworten, weil es überall schöne Momente gab. Augsburg war schön, auch weil es für mich komplettes Neuland war, bei einem Bundesligisten unter Vertrag zu stehen. Auch wenn ich nur wenig Einsätze hatte, war jeder Tag für mich ein Wow-Effekt und ich habe aus dieser Zeit viel mitgenommen. Dresden ist unfassbar geil mit dem Stadion und den Fans, in Braunschweig wird der Fußball komplett gelebt, man spürt dort einfach noch, dass der Verein 1967 Deutscher Meister war, der Klub steht da über allem. Es gibt tatsächlich keine Station, die ich als Fehler bezeichnen würde.
2022 bist du zur SpVgg Unterhaching gewechselt, am Ende seid ihr in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Dein Trainer war damals…
Sandro Wagner!
Als bekannt wurde, dass Sandro Wagner beim FCA der neue Trainer wird, hast du mir eine WhatsApp-Nachricht geschickt. Darf ich dich zitieren?
Sehr gerne, da stehe ich heute noch fest dahinter.
„Sandro Wagner ist ein unfassbar geiler Typ und ein absoluter Top-Trainer“. Was macht ihn denn so besonders?
Was ganz besonders bei ihm ist, ist die Aura, die er ausstrahlt. Wenn er in eine Kabine oder in einen Raum kommt, dann nimmt er ihn komplett ein. Wenn er vor der Mannschaft steht und spricht, dann hängt jeder förmlich an seinen Lippen. Egal was er damals zu uns gesagt hätte, wir hätten es gemacht. Wenn er uns aufgetragen hätte den gegnerischen Torwart mit elf Mann anzugehen, dann hätten wir das in diesem Moment auch aus Überzeugung gemacht! Wie er mit den einzelnen Spielern umgegangen ist, war einfach überragend.
Für dich lief es ja in Unterhaching richtig gut.
Ja, das stimmt, ich war gesetzt und konnte viele Tore erzielen, aber selbst die Spieler im Kader, die nur gelegentlich Einsätze hatten, sind ihm gefolgt, weil er es als Trainer hinbekommen hat, alle ins Boot zu holen. Jeder einzelne hatte auf seine Art und Weise das Gefühl, wichtig für die Mannschaft zu sein. Und das war neben seiner sportlichen Kompetenz ein Schlüssel für unseren Erfolg. Sandro spricht vor allem die Sprache der Spieler und kennt ihre Sicht, er kann sich gut in sie hineinversetzen, er kommuniziert sehr gut und man konnte immer zu ihm gehen und auch private Dinge oder Probleme ansprechen. Das ging schon sehr über dieses Trainer-Spieler-Verhältnis hinaus.
Wie sehr verfolgst du noch das Geschehen rund um den FC Augsburg?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich den FCA schon mit Interesse verfolge und das wird sich sicherlich in den nächsten Monaten noch steigern.
Was traust du Sandro Wagner und dem FCA in der neuen Saison zu?
Das ist schwer zu sagen, das oberste Ziel ist und bleibt immer, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben und eine gute Basis zu schaffen. Aber ich traue dem FCA schon einen gesicherten Mittelplatz zu und wenn alle Zahnräder gleich greifen sollten und die Spieler von Verletzungen weitgehend verschont bleiben, dann ist auch ein einstelliger Tabellenplatz keine Utopie. (ws)
