

Was macht eigentlich Ragnar Klavan?
"Es war eine großartige Zeit in meiner Karriere"
Zum Heimspiel gegen Mainz hat der FC Augsburg seine „Europa-League-Helden“ eingeladen. Einer von ihnen ist Ragnar Klavan, der eigens aus Estland angereist ist und auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken kann. Der 39-Jährige spricht über seine unvergessliche Zeit in Augsburg, verrät, mit welchen ehemaligen Teamkollegen er noch Kontakt hat und berichtet von seinem ungewöhnlichen Auftritt bei „Let’s Dance“.
Heute ist ein ganz besonderes Wiedersehen: Die Mannschaften aus den Spielzeiten 2014/15 und 2015/16, die den FCA damals in die Europa League geführt und dort für Aufsehen gesorgt haben, kommen nach fast zehn Jahren wieder zusammen. Abseits des Rasens trefft ihr euch alle wieder – Spieler, Trainer und das Funktionsteam von damals. Was bedeutet dir dieses Treffen?
Ich bin sehr glücklich, die Jungs wiederzusehen. Es ist wirklich unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist – schon zehn Jahre liegt dieser historische Moment jetzt zurück, den wir gemeinsam erlebt haben. Ganz ehrlich, in meinem Kopf tauchen sofort so viele Erinnerungen an diese besondere Zeit auf.
Wenn du an die Europapokal-Zeit mit dem FCA zurückdenkst – was kommt dir da als Erstes in den Sinn? Gibt’s ein Spiel oder einen Moment, der dir bis heute besonders hängen geblieben ist?
Zwei Dinge kommen mir sofort in den Sinn, wenn ich an die Europa-League-Zeit mit dem FCA denke: Zum einen unser allererstes Spiel in Bilbao – das war eine unglaubliche Erfahrung, sowohl für mich persönlich als auch für den ganzen Verein. Und natürlich unsere Begegnungen mit dem FC Liverpool. Auch wenn unsere Reise dort leider zu Ende ging, waren gerade diese Spiele absolute Höhepunkte, an die ich mich bis heute sehr gerne zurückerinnere.
Fühlst du dich dem FC Augsburg und der Stadt noch verbunden? Pflegst du noch Kontakte zu ehemaligen Mitspielern oder zum Verein?
Ich fühle mich dem FC Augsburg immer noch sehr verbunden. Zwei meiner Söhne sind hier in Augsburg geboren und als Familie versuchen wir, mindestens einmal im Jahr in die Stadt zurückzukehren. Augsburg und der FCA sind für mich nicht nur als Fußballer wichtig gewesen, sondern auch als Mensch und für meine Familie. Diese Verbundenheit wird mich mein Leben lang begleiten. Mit einigen meiner ehemaligen Mitspieler, wie Jan-Ingwer Callsen-Bracker, Halil Altintop, Daniel Baier, Marwin Hitz und Alex Manninger, stehe ich nach wie vor in Kontakt. Es war eine großartige Zeit in meiner Karriere.
Nach deiner Zeit in Augsburg bist du zum FC Liverpool gewechselt. Wie hast du das Kapitel bei Liverpool erlebt – vor allem das Training unter Jürgen Klopp und das Champions-League-Finale 2018, bei dem du im Kader standest?
Schon als kleiner Junge habe ich davon geträumt, einmal in der Premier League zu spielen. Diesen Traum dann ausgerechnet beim FC Liverpool zu verwirklichen, war etwas ganz Besonderes – und dass ich dabei noch mit so einem außergewöhnlichen Trainer und Menschen wie Jürgen Klopp zusammenarbeiten durfte, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Es war unglaublich, Teil dieses besonderen Klubs unter Klopp zu sein, in einer Zeit, in der bei Liverpool vieles entstanden ist, was bis heute prägend für den Verein ist.
Danach verschlug es dich noch nach Italien zu Cagliari, anschließend hast du in Estland deine Karriere ausklingen lassen. Im Dezember 2024 hast du dann endgültig „Tschüss“ zum Profifußball gesagt – damals mit den Worten: „Ich verabschiede mich von meiner ersten Liebe“.
Das stimmt, meine Reise durch die fünf Top-Ligen Europas endete schließlich in Italien. Mir war es immer wichtig, verschiedene Kulturen, Länder und Fußballstile kennenzulernen – das hat mich auch menschlich sehr geprägt. Nach dieser Zeit bin ich zurück nach Estland und habe dort noch einmal für meinen Heimatklub in der höchsten Liga gespielt. Als ich dann meine Karriere beendet habe, war ich einfach dankbar, dass ich mir meinen Kindheitstraum erfüllen konnte. Der Fußball hat mir so viel gegeben und mir viele unvergessliche Momente geschenkt.
In Estland genießt du Popstar-Status: 130 Spiele für die Nationalmannschaft, ein Auftritt bei „Let’s Dance“ und 2023 durftest du beim Eurovision Song Contest die Wertung für Estland verkünden.
In Estland ist Fußball natürlich etwas anders als in den großen Fußballländern. Ich sehe mich aber nicht als Popstar, auch wenn ich viele besondere Dinge erleben durfte. „Let’s Dance“ war für mich vor allem ein Ausflug raus aus meiner Komfortzone. Ich war wirklich kein guter Tänzer, aber ich habe mich durchgebissen und es tatsächlich bis ins Finale geschafft.
Bist du dem Tanzen als Hobby eigentlich treu geblieben oder war dein Auftritt bei „Let’s Dance“ eher ein einmaliges Abenteuer für dich?
Tanzen ist zwar kein richtiges Hobby von mir geworden, aber ich habe trotzdem Freude daran – auch wenn ich darin nicht gerade besonders talentiert bin. Musik und Bewegung sind aber immer noch feste Bestandteile meines Lebens.
Jetzt bist du Präsident von JK Tallinna Kalev in der ersten Liga. Wie muss man sich Ragnar Klavan als Vereinschef vorstellen?
Mir war es wichtig, meine Erfahrungen aus verschiedenen Top-Klubs weiterzugeben. Vor allem möchte ich die nächste Generation estnischer Spieler unterstützen und ihnen helfen, ihre Ziele zu erreichen – idealerweise sogar mehr, als ich selbst geschafft habe. Das ist meine Vision und Mission, denn die Jugend ist unsere Zukunft.
Nochmal zurück zum FCA: Verfolgst du die Spiele noch? Wie siehst du den Klub aktuell aufgestellt?
Ich verfolge den Verein natürlich weiterhin sehr aufmerksam. Es ist schön zu sehen, wie sich der Klub entwickelt hat und welchen Stellenwert er für die Stadt und die gesamte Region hat. Das Team wirkt sehr gefestigt und gibt niemals auf – das gibt mir ein gutes Gefühl für die Zukunft.
