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Was macht eigentlich Gino Lettieri?

“Bei meinem ersten FCA-Training standen sieben Spieler auf dem Platz”

Verein 08.12.2021, 09:32

Bei seiner ersten Einheit als FCA-Trainer stand Gino Lettieri mit nur sieben Spielern auf dem Platz. Im Stadionkurier spricht der 54-Jährige über den schwierigen Start in der Bayernliga, den Aufstieg im Jahr darauf und seinen neuen Job in Griechenland bei AEK Athen.

Hallo Gino, wo habe ich dich gerade erreicht?
In Athen, ich sitze in einer schönen Taverne und hatte eben ein leckeres Mittagessen.

Du bist beim griechischen Traditionsclub AEK Athen gelandet. Wie kam es dazu?
Vladan Milojevic, der als Trainer mit AEK in die Saison gestartet ist, bekam ein Angebot aus Saudi-Arabien und ist bereits nach sieben Spielen zu Al Ettifaq gewechselt und Argirios Giannikis wurde verpflichtet. Daraufhin habe ich einen Anruf von Giannikis bekommen, ob ich mir vorstellen könnte in Griechenland zu arbeiten.

Argirios Giannikis gilt in Griechenland als das größte Trainertalent, der 41-Jährige hat mit dem Underdog PAS Giannina in der griechischen Superleague tolle Arbeit geleistet und wurde 2021 zum Trainer des Jahres gewählt. Er ist in Nürnberg geboren und hat unter anderem den Karlsruher SC und Rot-Weiß Essen in Deutschland trainiert.
Wir kannten uns zwar, aber nicht wirklich näher. Er war noch auf der Suche nach einem Assistenten und wir haben schnell gemerkt, dass wir auf derselben Wellenlänge liegen. Letztendlich hat es 48 Stunden gedauert, bis ich auf dem Trainingsgelände von AEK stand.

Es läuft gut, AEK ist Tabellenzweiter und mit euch ist das Spiel auch attraktiver geworden.
Das stimmt, in der kurzen Zeit konnten wir schon einige Schalter umkippen. Wir haben eine klare Spielphilosophie und legen sehr viel Wert auf Taktik und Disziplin und vor allem auf ein schnelles Umschaltspiel.

Vor kurzem war das Spitzenspiel AEK Athen gegen Olympiakos Piräus, Zweiter gegen Erster, es ist eines der heißesten Derbys in Griechenland überhaupt. Vor 40.000 Zuschauern endete das Spiel leider 2:3. Wie hast du alles erlebt?
Von der Atmosphäre her war es super, die AEK-Fans haben für eine unglaubliche Stimmung gesorgt und das obwohl die Partie unglücklich für uns angelaufen ist, denn Piräus ging bereits in der ersten Minute durch einen abgefälschten Schuss in Führung. Kurz darauf konnten wir den Ausgleich erzielen und hatten den Rekordmeister im Griff. Wir hatten bis zu 68 Prozent Ballbesitz, in der 32. Minute kam dann der Knackpunkt, als der Schiedsrichter uns einen Elfmeter verweigerte und wir im Gegenzug das 1:2 kassierten.

Wie hast du deine ersten Wochen in Griechenland erlebt?
Von der Stadt konnte ich bisher noch nicht viel sehen, da wir eine sehr intensive Phase hinter uns haben. Das Schöne ist, ich wohne nur zehn Minuten vom Trainingsgelände entfernt, direkt am Meer. Da kann man immer wunderbar entspannen. Ich bin Italiener und mir gefällt natürlich die mediterrane Lebensweise.

"Man konnte trotz der widrigen Umstände schon erahnen, was hier entstehen könnte, wenn man an den richtigen Stellschrauben dreht."

Nächstes Jahr verlässt AEK das ungeliebte Olympiastadion in Athen und zieht in die neue Arena in seinen ursprünglichen Stadtteil Nea Filadelfia ein, wo auch das alte Stadion stand. Hattest du schon mal die Gelegenheit, den neuen Sporttempel zu begutachten?
Ja, wir haben uns alle das neue Stadion angeschaut, es ist ein Schmuckstück mit 32.000 Plätzen und das Publikum ist total nah am Geschehen. Das wird ein totaler Hexenkessel und wenn wir das letzte Match gegen Olympiakos hier gespielt hätten, dann wären wir als Sieger vom Platz gegangen.

Du bist 2000 vom FC Bayern Hof zum FCA gewechselt. Das war eine Zeit, als der FCA nach dem Zwangsabstieg aus der Regionalliga in der Bayernliga quasi bei null anfangen musste. Wie viele Spieler hattest du damals beim ersten Training auf dem Platz?
Wenn ich mich recht erinnere, dann waren es maximal sieben! Das war schon eine kuriose Situation. Aber den Verantwortlichen um Manager Fritz Bäuml ist es trotz immenser Schwierigkeiten dann doch noch gelungen, eine wettbewerbsfähige Truppe zusammenzustellen. Wir hatten auch viele junge Spieler im Kader, die aus der FCA-Jugend kamen wie etwa Markus Thorandt oder Thomas Wörle, den heutigen Trainer des SSV Ulm.

Obwohl der FCA in Scherben lag, hast du den Sprung nach Augsburg gewagt. Warum?
Das stimmt, aber man konnte trotz der widrigen Umstände schon erahnen, was hier entstehen könnte, wenn man an den richtigen Stellschrauben dreht.

Nach zwei Jahren hast du den Aufstieg mit dem FCA in die Regionalliga geschafft. Wie würdest du diese Zeit beschreiben?
Es war eine sehr schöne Zeit und wir hatten eine großartige Truppe mit super Jungs und tollem Charakter. In der ersten Bayernliga-Saison 2000/01 wurden wir Vierter, damit konnte man wirklich nicht rechnen. Und im Jahr darauf sind wir sehr souverän Meister geworden und hatten am Ende des letzten Spieltags zwölf Punkte Vorsprung auf Platz zwei. Das sagt alles über unsere Dominanz aus.

Allerdings! Du bist zähneknirschend vom FCA weggegangen und warst ziemlich angefressen, dass dein Vertrag nicht verlängert wurde.
Natürlich, da hätte wohl jeder Trainer so reagiert. Ich war enttäuscht, dass ich nicht weitermachen durfte, aber so ist das nun mal in diesem Geschäft. Walther Seinsch hat so entschieden und ich musste es akzeptieren. Aber er hat als Präsident den FCA dort hingeführt, wo er heute steht und dafür gebührt ihm großer Respekt. Aber ich kann mit Stolz sagen, dass ich mitbeteiligt war, als das neue Fundament des FCA gelegt wurde.

Anschließend folgten Stationen beim Bonner SC, der SpVgg Bayreuth, dem SV Darmstadt 98, Arminia Bielefeld, dem MSV Duisburg und dem FSV Frankfurt. Was war bisher deine schönste Station in Deutschland.
Ich hatte sehr viele schöne Stationen, aber die Aufstiege mit Bayreuth und dem MSV Duisburg waren doch etwas Besonderes.

"Der FCA hat sehr, sehr gute Arbeit geleistet, die man gar nicht hoch genug bewerten kann."

Von 2017 bis 2019 warst du auch im Ausland tätig und zwar bei Korona Kielce in der ersten polnischen Liga Trainer und das ziemlich erfolgreich…
Polen war eine tolle Erfahrung für mich. Wir waren tatsächlich sehr erfolgreich und haben eine Zeitlang mit unserer Nobody-Truppe die Liga aufgemischt. (lacht) Aber im Ernst, das haben uns die wenigsten Experten zugetraut und in Polen wurde ich auch zum Trainer des Jahres gekürt.

Als Trainer ist man auch so etwas wie ein Wandervogel. Unterscheidet sich die Arbeit in Deutschland, Polen oder Griechenland?
Nicht großartig, die Prozesse sind schon immer wieder die gleichen. Egal mit welcher Mannschaft man arbeitet, der Ausländeranteil liegt meist bei 50 Prozent, das heißt Fußball ist eine multikulturelle und internationale Angelegenheit. Und ich bin generell ein Mensch, der sich sehr schnell integrieren und sich den Gegebenheiten anpassen kann.

Wie macht man das mit der Familie? Zieht die immer mit?
Das war bisher so, aber seit meine Kinder schulpflichtig sind, machen wir das nicht mehr. Unser Lebensmittelpunkt ist in Bayreuth, ich bin also ohne meine Familie hier in Athen. Es ist nicht immer leicht und ich muss meiner Frau ein großes Kompliment machen, die jetzt seit 20 Jahren an meiner Seite steht und das alles mitmacht.

Zwei Sätze zum FCA 2021...
Ich habe es ja schon angedeutet, Walther Seinschs Visionen sind aufgegangen. Aber genau so schwer wie aufzusteigen, ist es, sich in einer Liga zu halten und dort zu etablieren. Und da hat der FCA einfach sehr, sehr gute Arbeit geleistet, die man gar nicht hoch genug bewerten kann. (ws)

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Stadionkurier