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Simon Kaltenbach klatscht nach Abpfiff mit einem Spieler ab.

Kaltenbach: "Lernen, was zum Leistungsfußball dazugehört"

Interview mit dem Bereichsleiter U17 & U16

Nachwuchs 09.02.2024, 11:00

Vor dem endgültigen Schritt gen Leistungs- und Herrenfußball durchlaufen die FCA-Talente in der U16 und U17 zwei wichtige Entwicklungsjahre. Während sich in der Trainingsgestaltung viele Parallelen ziehen lassen, so gibt es insbesondere im Spiel doch auch Unterschiede – obwohl beide Teams in U17-Ligen an den Start gehen. Näheres dazu erklärt Bereichsleiter Simon Kaltenbach im Interview.

Simon, für dich ist die Rolle des Bereichsleiters keine ganz neue, da du in den vergangenen Jahren schon die U15 bis U9 verantwortet hast. Wie nimmst du deine neue Aufgabe bei der U16 und U17 bisher wahr?
Prinzipiell war es ja ein fließender Übergang von der alten zur neuen Rolle. Wir befinden uns auch nach wie vor in einem Prozess, Themen zu übergeben und uns in die Koordinatorenrollen einzuarbeiten. Ganz raus aus alten Themen ist man sowieso nie, weil man ja weiter im Verein ist und wir uns alle regelmäßig austauschen.

Im Vergleich zu den Vorjahren sind dir jetzt „nur noch“ zwei Teams zugeordnet. Welche Unterschiede ergeben sich dadurch?
Das Spiel in der U16 und U17 ist viel schneller, daran muss sich der Blick erstmal kurz gewöhnen. Grundsätzlich kann ich jetzt viel mehr Trainingseinheiten und Spiele sehen und Leistungen inklusive Stärke- und Schwächephasen deutlich detaillierter einschätzen. Aus 100 Spielern wurden 40.

Wie genau ist deine Rolle definiert? Was sind deine Aufgaben im Arbeitsalltag?
Einen großen Teil nimmt die alltägliche Kommunikation mit den Trainerteams und speziell mit den Cheftrainern ein. Vom Tagesgeschäft abgesehen kümmere ich mich um die langfristigere Kaderplanung. Dazu setzt man sich einerseits mit internen Spielern auseinander, wobei es zum Beispiel um die Ausgestaltung von Verträgen geht. Andererseits beschäftigt man sich mit externen Spielern: Wo besteht Bedarf? Wer ist interessant? Wann wäre ein guter Zeitpunkt für eine Verpflichtung?

Wie ist der Austausch mit den Trainern und Spielern geregelt? Wie nah bist du dran, wo sind die Grenzen?
Grundsätzlich sehe ich mich eher im Hintergrund und überlasse die Arbeit mit den Mannschaften den Trainerteams, die den besten Blick und den engsten Draht zu den Jungs haben. Dazu sind schließlich die verschiedenen Rollen innerhalb des Staffs definiert, für jedes Themengebiet gibt es einen Ansprechpartner. Am wichtigsten ist für mich, den Trainern als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und durch ein gutes Vertrauensverhältnis offen über Themen sprechen zu können. Natürlich lasse ich in einer ruhigen Minute des Trainings auch mal meine Beobachtungen einfließen, wenn mir etwas auffällt. Im Normalfall geht es allerdings um den globalen Austausch vor und nach dem Spiel oder den Einheiten. Auch den Spielern steht meine Türe offen, vermehrt drehen sich die Gespräche dann aber um strategische Aspekte im Karriereplan.

"Wir wollen durch ein gutes Vertrauensverhältnis offen über Themen sprechen können."

Kommen wir auf deinen Altersbereich der U16 und U17 zu sprechen. Gibt es im Spiel und Training Unterschiede?
Grundsätzlich legen beide Teams den Fokus aufs Spiel mit dem Ball, was mit unserer Ausbildungsphilosophie übereinstimmt. Jeder Trainer gestaltet sein Training natürlich etwas anders, prinzipiell unterscheidet sich die Woche aber wenig: Am Anfang der Woche wird eher in kleinen Spielformen trainiert, zum Spiel hin in größeren, wobei man zwischen Gleich-, Unter- und Überzahl mischt und auch immer wieder technische Elemente und Wiederholungen einbaut. Der größte Unterschied besteht darin, Technik und Taktik auf das Spiel zu transportieren. In der U17 ist die Spielgeschwindigkeit merklich höher, man spielt auf dem Top-Level Süddeutschlands. Jeder Fehler wird quasi sofort bestraft. Da ist die U17-Bayernliga (in der die U16 gegen andere U16-NLZ-Teams und regionale U17-Mannschaften antritt, Anm. d. Red.) noch etwas kulanter.

Die U16 dient also als Entwicklungsjahr?
Ja, weil man noch nicht den ganz großen Ergebnisdruck hat, fußballerisch große Fortschritte machen kann und allen Akteuren recht viel Spielzeit gewährt. Im U16-Jahr lassen sich erste Tendenzen ableiten, wo der Weg eines Spielers hingehen kann. In der U17 wird dann deutlich, wer auf diesem Top-Level performen kann und wer noch Anpassungsschwierigkeiten hat. Beides sind wichtige Jahre in der Entwicklung der Jungs.

Inwiefern?
In diesen Jahren prasseln wahnsinnig viele Eindrücke auf die Jungs ein: Berater, Nationalmannschaft, harte Entscheidungen bei der Kadernominierung. Deshalb sind wir sehr froh, seit dem Sommer in Lukas Aigner einen weiteren Sportpsychologen vor allem für die U17 mit an Bord zu haben, der die Perspektive als Spieler genau kennt (Aigner spielt seit 2023/24 für die FCA-U23, Anm. d. Red.). Die mentale Seite wurde im Fußball bislang unterschätzt. Das Angebot, beim Sportpsychologen vorbeizuschauen, müssen wir den Jungs noch klarer aufzeigen, damit der Besuch dort genauso normal wie der beim Physiotherapeuten wird. Auf der körperlichen Seite setzt im U16- und U17-Alter das Längen- und Breitenwachstum so richtig ein. Mit einem eigenen Athletiktrainer für diesen Altersbereich wollen wir die Jungs individuell richtig dosiert auch im muskulären Bereich voranbringen. Insgesamt ist der Kernpunkt zu lernen, was zum Dasein als Leistungsfußballer dazugehört, beispielsweise in Sachen Ernährung. Nach den Jahren im Aufbaubereich zeigt sich, wie sich die Jungs mit ihrer Aufgabe identifizieren und was sie bereit sind, zu geben.

"In der U17 zeigt sich, wer auf einem Top-Level performen kann."

Wenn wir auf die aktuelle U16 und U17 blicken, gab es in beiden Teams einige externe Neuzugänge. Hatte das Gründe?
Grundsätzlich wollen wir in der U17 die Kaderplanung eines Jahrgangs abschließen. Da wir im aktuellen Jahrgang 2007 schon in den Vorjahren einige Abgänge zur Konkurrenz hatten, hat uns in der Spitze auf gewissen Positionen ein Ticken Qualität gefehlt. Extern konnten wir Spieler ausfindig machen, die in diese Profile gepasst und auf der ein oder anderen Position für mehr Breite gesorgt haben. Jetzt sehen wir uns gut gerüstet und wollen in den nächsten Jahren nur noch geringfügige Anpassungen vornehmen. Beim Jahrgang 2008 war die Situation eine andere, nach dem Abstieg aus der Regionalliga wollten wir die Qualität des Kaders erhöhen. Wichtig war uns dabei, dass die neuen Jungs aus der Region kommen und mit ihrem Charakter einen positiven Einfluss auf das Team haben. Dass im ersten Liga-Spiel fünf Neuzugänge in der Startelf standen, bestätigt diese Entscheidung.

Wie schätzt du beide Teams nach der Vorbereitung und den ersten Pflichtspielen ein?
Die aktuelle Situation ist sehr spannend, da die Mannschaften komplett unterschiedliche Vorgeschichten haben. Der Jahrgang 2007 war schon immer ein Team, das sich sehr viel erarbeitet hat. In der Vorbereitung kam die Mannschaft in einen unglaublichen Flow und hat das mit dem Gewinn des Bundesliga-Cups gekrönt. Danach ist bei den Spielern zum ersten Mal eine gewisse Sättigung eingetreten. Jetzt müssen die Jungs wieder in den Arbeitsmodus reinkommen und die Grundtugenden auf den Platz bringen, um dann wiederum glänzen zu können. Die große Kunst, Konstanz und konstante Mentalität abzurufen, läuft gerade als Prozess. Perspektivisch sehen wir in diesem Kader viele sehr entwicklungsfähige Spieler. Beim Jahrgang 2008 hatten wir die entgegengesetzte Situation. An dem Abstieg im Frühsommer hatten und haben die Jungs teils immer noch zu knabbern. Der Neuanfang als U16 und die guten Vorbereitungsergebnisse haben jedoch eine positive Grundstimmung eröffnet. Im ersten Punktspiel (1:1 gegen den TSV 1860 München, Anm. d. Red.) hat man der Mannschaft den Respekt vor dem Gegner erst noch angemerkt. Dann haben die Jungs aber selbst begriffen, dass sie mithalten können und ihr zweites Spiel gewonnen (3:1 gegen die Würzburger Kickers, Anm. d. Red.). Diese Entwicklung gilt es fortzusetzen und auf höherem Niveau zu konservieren, auch wenn Rückschläge sicherlich kommen werden.

Zurück zu euch Bereichsleitern. Inwiefern trägt die Umstrukturierung dazu bei, wieder mehr Talente in die WWK ARENA zu bringen?
Auch das ist ein Prozess, den man immer wieder anpassen muss, weil sich der Fußball stetig weiterentwickelt. In unserer Ausbildungsphilosophie wollen wir uns über das Spiel mit dem Ball definieren, was im modernen Fußball entscheidend ist. Dennoch tun wir meiner Meinung nach beim FCA gut daran, den Spielern Galligkeit und Griffigkeit beizubringen. Das brauchen wir in unserer DNA, weil die absoluten Top-Spieler sowohl in der Bundesliga als auch auf NLZ-Level weiterhin in anderen Vereinen spielen werden. Durch die Bereichsleiter können wir unsere Spielphilosophie detailliert anpassen und abstimmen, klare Leitplanken definieren und unsere Kernidee auf mehr und stabilere Füße legen.

Zum Abschluss noch ein kurzer thematischer Exkurs: Die U17 stellt gerade die meisten Nationalspieler. Welche Bedeutung kommt diesem Thema zu?
In diesem Alter ist das Fluch und Segen zugleich. Für die Jungs ist es natürlich das Größte, für ihr Land spielen zu dürfen. Auch der FCA als Verein erfährt dadurch internationale Repräsentation. Die Vergangenheit hat allerdings immer wieder gezeigt, dass die Leistungskurve zwei bis drei Monate nach einer Berufung sinkt. Es in eine U-Nationalmannschaft zu schaffen, ist zweifelsohne eine tolle Leistung, aber noch lange nicht das Ende der Karriereleiter. Weiterhin geerdet und hungrig zu bleiben, weiter hart zu arbeiten, ist eine Kunst, bei der wir die Jungs begleiten müssen.

Über Simon Kaltenbach
Simon Kaltenbach wechselte im August 2017 von den Münchener Löwen zum FCA. Bei Rot-Grün-Weiß hatte er über die Jahre hinweg verschiedene Trainer- und Bereichsleitertätigkeiten im Grundlagen- und Übergangsbereich inne und ist nun für die U16 und U17 zuständig. Der 35-Jährige besitzt die A-Lizenz und einen Master in Sportwissenschaften.


Dieses Interview ist erstmals im Saisonmagazin des FCA-Nachwuchs 2023/24 erschienen. Hier gibt es das ganze Magazin, in dem auch die anderen drei Bereichsleiter ausführlich zu Wort kommen, zum Download

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Tags:
U17