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Was macht eigentlich Kevin Schindler?

"Die Färöer Inseln sind atemberaubend"

Verein 01.12.2020, 09:23

In Deutschland spielte Kevin Schindler für sechs verschiedene Profivereine, auf den Färöer Inseln gewann er zuletzt die Meisterschaft. Im Stadionkurier spricht der 32-Jährige über trinkfeste Färinger, seinen Job als Co-Trainer und seine kurze Zeit in Augsburg.

Hallo Kevin, wo habe ich dich gerade erreicht?
Ich war in unserem Stadion und bin eben nach Hause gekommen. Wir haben heute zwar frei, aber es gibt immer etwas zu tun.

Bei euch ist es jetzt 11.00 Uhr. Ist es da überhaupt schon hell?
(lacht) Gerade mal so. Jetzt im Winter gibt es schon Tage, wo es nur sechs Stunden hell ist. Im Sommer scheint dafür länger die Sonne und man gewöhnt sich daran.

Auch an das Wetter? Es soll ziemlich feucht und windig bei euch sein.
Ich bin Norddeutscher und habe lange in Bremen und Hamburg gelebt, da ist man Schmuddelwetter gewöhnt. Aber einen Sommer, so wie wir ihn kennen, gibt es hier leider nicht, die Temperaturen klettern selten über 15 Grad, auch wenn das Thermometer vereinzelt schon auch mal 20 Grad anzeigt.

Die Färöer haben gerade mal 51.000 Einwohner, ein Viertel davon lebt in der Hauptstadt Torshavn. Man ist komplett vom Meer umgeben. Wird es einem da nicht auch mal zu eng? Oder ist es cool, dass man in einer anderen Welt lebt, fernab von Hektik und Stress?
Das stimmt schon, man ist etwas vom Trubel der großen weiten Welt entfernt. Man ist hier sehr eng mit der Natur verbunden, die Landschaft ist atemberaubend und selbst von der Hauptstadt ist man in nur fünf Minuten in den Bergen. Ich genieße das.

Was hat sich für dich durch deinen Umzug am meisten verändert?
Ich habe davor in Holland und in den USA gelebt und muss sagen, dass ich hier ruhiger, reflektierter und in bestimmten Dingen auch gelassener geworden bin.

Wie ticken denn die Färinger?
Sie sind ein relativ entspanntes und geselliges Volk. Sie sind vielleicht auf den ersten Blick etwas zurückhaltend, aber trotzdem offen, familiär und hilfsbereit. Jeder kennt natürlich jeden und inzwischen wurde ich schon öfter zum Essen eingeladen, auch von Mitarbeitern des Klubs.

Sind sie auch genauso trinkfest wie die Rest-Skandinavier?
Das kann man durchaus so sagen, da wird schon mal gerne das eine oder Glas geleert. (lacht)

Seit deinem Wechsel auf die Insel bist du ein begehrter Interviewpartner.
Das stimmt, das lag aber stellenweise auch an der Corona-Pandemie, denn wir hatten hier verglichen mit Resteuropa sehr niedrige Zahlen und die Liga hat ohne Pause weitergespielt.

Ihr hattet in den letzten Tagen tatsächlich nicht einen einzigen Corona-Infizierten.
Da bin ich sehr froh. Hier stehen zwar in allen Büroräumen, Geschäften und Tankstellen Desinfektionsspender, aber eine Maskenpflicht herrscht hier nicht. Das Leben läuft ziemlich in normalen Bahnen ab.

Beneidenswert. Stimmt es, dass du über Borussia Dortmund bei BH Torshavn gelandet bist?
Ja, ich habe damals bei der U23 von Borussia Dortmund hospitiert. Trainer ist der Däne Mike Tullberg, der mit dem Coach von HB Torshavn, Jens Berthel Askou, befreundet ist. Torshavn war damals auf der Suche nach einem Co-Trainer und so kam ich ins Spiel. Ich bin dann in den Flieger gestiegen, habe mir alles vor Ort angesehen und mein Entschluss stand schnell fest, weil wir uns von Anhieb an gut verstanden haben und mir das ganze Drumherum sehr gefiel.

"Nach meinen Stationen in Deutschland wollte ich auch unbedingt mal ins Ausland wechseln."

Gab es auch andere Optionen?
Ich hatte diverse Angebote als Spieler aus Deutschland, Hongkong und auch aus Thailand. Aber wenn man mal die 30 überschritten hat, dann denkt man mehr an die Zukunft und die sehe ich im Trainerbereich. So war das alles eine ziemlich glückliche Fügung.

Von dir stammt der Satz: “Die Entwicklung des Profifußballs hat mir zu denken gegeben.” Bist du jemand, der das System kritisch hinterfragt?
Je länger man im Profifußball dabei ist, desto mehr Gedanken macht man sich auch. Ich will gar nicht weit ausholen, aber ich finde, dass dieses System schon länger kränkelt und es an der Zeit ist, an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen.

Die Färöer sind mit ihrer Nationalmannschaft immer wieder für positive Überraschungen gut. Das Team ist aktuell in der Nations League in die C-Liga aufgestiegen.
Die Strukturen werden hier immer professioneller, die Erfolge sind kein Produkt des Zufalls. Wir haben hier viele junge talentierte Spieler, die mit großem Ehrgeiz ans Werk gehen. Man merkt es auch an der Tatsache, dass immer öfter Spieler von den Faröern zu begehrten Objekten diverser Klubs werden.

Auf welchem Niveau bewegt sich die Liga?
Ich behaupte, dass die besten vier Teams in der 3. Liga mitspielen könnten. Der Rest der Liga dürfte mittleres bis unteres Regionalliganiveau haben.

Sind die Spieler Halbprofis?
Es gibt inzwischen auch Vollprofis in der Liga, aber die meisten gehen tagsüber ihren Berufen nach.

HB Torshavn ist der erfolgreichste Klub der Insel. Ihr habt dieses Jahr die Meisterschaft gewonnen. So etwas nennt man einen perfekten Einstieg!
Ja, es hätte kaum besser laufen können, aber wir haben nicht nur einen erfolgreichen, sondern auch einen attraktiven Fußball gespielt. Wir stehen am 5. Dezember auch noch im Pokalfinale und können das Double holen. Was uns freut, ist auch die Tatsache, dass immer mehr Spieler von HBT in der Nationalmannschaft berücksichtigt werden. Das hat schon eine Aussage.

Du hast als aktiver Spieler für Bremen, Rostock, Duisburg, St. Pauli, Wiesbaden, Cambuur-Leuwarden, Cincinnati und zuletzt auch für Torshavn gespielt. Du bist also ganz gut herumgekommen.
Nach meinen Stationen in Deutschland wollte ich auch unbedingt mal ins Ausland wechseln. Das hat einerseits etwas mit meiner Abenteuerlust zu tun, ich wollte neue Erfahrungen sammeln und auch meinen Horizont erweitern. Ich denke, gerade für meine weitere Zukunft sind solche Erfahrungen Gold wert.

Ich sehe schon, dein Weg als Trainer scheint vorgeebnet zu sein.
Absolut. Ich bin hier Co-Trainer, habe erst vor einigen Tagen meinen Vertrag verlängert und will mich entwickeln und verbessern. Meine Trainerlizenz habe ich in Berlin gemacht und bin echt froh, dass wir das trotz Corona noch durchziehen konnten.

Dein Gastspiel 2009 beim FC Augsburg war nur von kurzer Dauer. Was hast du noch in Erinnerung?
In Augsburg hat es leider sportlich nicht ganz so funktioniert, deswegen bin ich in der Winterpause wieder zurück zu Werder Bremen. Aber vom Wohlfühlfaktor hat in Augsburg schon vieles gepasst.

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Tags:
Stadionkurier