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Was macht eigentlich Felix Luz?

„Wenn man so etwas erlebt, dann weiß man, warum man Fußball spielt“

Profis 08.02.2022, 09:42

Eineinhalb Jahre spielte Felix Luz von 2007 bis 2008 beim FC Augsburg. Im Stadionkurier spricht der 40-Jährige über seine Jugend beim VfB Stuttgart, seine Zeit in Augsburg und das sensationelle Pokal-Abenteuer mit dem damals drittklassigen FC St. Pauli.

Hallo Felix, wo habe ich dich gerade erreicht?
Ich war die letzten Tage in Dubai und bin vor einer Stunde in Istanbul gelandet.

Dubai, Istanbul? Klingt nach Urlaub...
(lacht) Nein, gar nicht. Ich arbeite als Spielerberater für meinen Freund Kevin Kuranyi. Da gibt es im Augenblick viel zu tun, solange das Transferfenster noch geöffnet ist.

Ich nehme mal an, in letzter Zeit sind einige Interviewanfragen bei dir eingetrudelt und du kannst dir deshalb auch denken, wieso ich dich anrufe.
In den letzten zwei Wochen war tatsächlich ziemlich viel los bei mir, ich habe meinen 40. Geburtstag gefeiert und dann wurde noch die NDR-Doku „Das Pokalwunder von St. Pauli“ in der ARD ausgestrahlt.

Genau, im Anschluss an das DFB-Pokal-Spiel von St. Pauli gegen Borussia Dortmund. Ich hatte beim Zuschauen eine Gänsehaut, aber bevor wir darauf zu sprechen kommen: Du bist eigentlich beim VfB Stuttgart groß geworden, wie bist du im Hamburger Kiez gelandet?
Ich bin mit 14 zum VfB und habe dort alle Juniorenteams durchlaufen. Letztendlich, so ehrlich muss man sein, habe ich den Sprung zu den Profis aber nicht geschafft. Nach einer Leihe zu 1899 Hoffenheim brauchte ich eine Luftveränderung und da kam das Angebot vom FC St. Pauli wie gerufen. Ich wollte unbedingt nach Hamburg, obwohl ich auch ein besseres Angebot vorliegen hatte.

„Als wir merkten, dass Bremen Angst vor uns hat, sind uns regelrecht Flügel gewachsen.“

Obwohl zu diesem Zeitpunkt, also 2005, der FC St. Pauli ein ziemlich gebeutelter Klub war.
Das ist noch freundlich formuliert. Nach dem Bundesliga-Abstieg 2002 ging es runter bis in die Regionalliga Nord, die damalige dritte Liga. Der Verein war völlig pleite und startete eine große Solidaritätsoffensive. Die trug zwar Früchte, aber es taten sich immer noch größere finanzielle Lücken auf.

Doch dann hatte der Fußballgott ein Einsehen und bescherte dem Kiezklub ein echtes Pokalwunder. Und du warst als einer der Protagonisten mittendrin, gleich in der ersten Runde gelang dir gegen Wacker Burghausen in der Nachspielzeit der 3:2-Siegtreffer.
Das war schon ein irres Spiel. Wir führten bis zur 77. Minute 2:0 und dachten: Okay, das war´s! Dann hauen die uns am Ende innerhalb von drei Minuten noch zwei Dinger rein. Umso glücklicher war ich natürlich, dass ich mit meinem Tor das Spiel noch zu unseren Gunsten entschieden konnte. Die zweite Runde konnten wir zu unserer Überraschung gegen den VfL Bochum klar und deutlich 4:0 gewinnen.

Und du wieder mit einem Tor...
Genau, richtig dramatisch wurde es dann in Runde drei gegen Hertha BSC, dieses Spiel war tatsächlich der Wahnsinn. Hertha führte zur Halbzeit bereits 2:0. Mit Anpfiff zur zweiten Halbzeit gelang uns gleich der Anschlusstreffer und in der 86. Minute der Ausgleich.

Torschütze: Felix Luz!
(lacht) Ja, aber die Herthaner gingen in der Verlängerung erneut in Führung. Die Zuschauer haben uns allerdings so nach vorne gepeitscht, dass uns das 3:3 gelang. Alles hatte sich schon auf ein Elfmeterschießen eingestellt und dann fiel sensationell der 4:3-Siegestreffer. Wenn man so etwas einmal erlebt hat, dann weiß man, warum man Fußball spielt. Ganz St. Pauli stand Kopf und wir waren mittendrin.

Viertelfinale gegen Werder Bremen. Es hatte geschneit und es war lange offen, ob die Partie überhaupt stattfinden kann. Werder Bremen wollte das Spiel unbedingt verschieben, aber der Schiedsrichter entschied anders. Manager Klaus Allofs war beim TV-Interview vor dem Spiel sichtlich beleidigt und man konnte durch den Fernseher riechen, wie sehr die Bremer Schiss hatten.
Bremen hatte zu dieser Zeit noch eine echte Top-Mannschaft, die mit Nationalspielern nur so gespickt war. Klar, das Spielfeld war in einem sehr schlechten Zustand, aber als wir merkten, dass Bremen Angst vor uns hat, sind uns regelrecht Flügel gewachsen. Das Spiel endete 3:1 für uns und dann…

… kam der FC Bayern zum Halbfinale.
Normalerweise freut man sich bei der Pokalauslosung ja immer, wenn man den FC Bayern zieht. Im Topf waren noch Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld, auch sehr schwere Gegner, aber da wären unsere Chancen wohl etwas größer gewesen, ins Finale zu einziehen.

"Man hat in Augsburg sehr viel Erfahrung im Abstiegskampf und verfällt nicht so leicht in Panik."

Das Spiel endete dann auch 3:0 für den großen Favoriten.
Wir haben noch einmal alles rausgehauen, aber gegen den Rekordmeister hatten wir einfach keine Chance. Es war trotzdem für uns alle ein großes Erlebnis, ein Traum, der uns für einige Monate begleitete.

Und der Verein war finanziell saniert.
Ja, die Zuschauereinnahmen und die Pokalprämien spülten einige Millionen in die Vereinskasse, der Klub war gerettet und stand wieder auf einem sicheren Fundament.

St. Pauli ist ein sehr spezieller Verein. Andreas Rettig zum Beispiel, der dich übrigens später zum FCA gelotst hat, kam als neoliberaler Bundesliga-Manager zum Kiezklub und ging von dort als Klassenkämpfer. Hat der Verein auch bei dir Spuren hinterlassen?
Das hat er definitiv, dort spielt Solidarität eine Rolle, wie ich sie bei einem Fußballverein noch nie erlebt habe. Viele Klubs erfinden schöne plakative Slogans, leben sie aber nicht wirklich. St. Pauli ist ein Verein mit großer sozialer Verantwortung und dort lebt und praktiziert man das auch. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es ein Fehler war, von dort weggegangen zu sein.

Anfang 2007 bist du zum FCA gewechselt. Wie kam es dazu?
Nach den Pokalspielen hatte ich Angebote von Hertha BSC und dem 1. FC Köln, aber St. Paulis Ablöseforderungen waren zu hoch. Mein Ziel war es aber, noch einmal höherklassig zu spielen. Als der FCA ein halbes Jahr vor meinem Vertragsende auf mich zukam, hat man mich ziehen lassen.

Wie hast du deine Zeit hier empfunden?
Ich hatte die Situation ehrlich gesagt unterschätzt. In St. Pauli war ich Stammspieler und Publikumsliebling. Beim FCA war ich neben Thurk, Diabang, Lawarée, Galuschka oder Theinert einer von vielen Stürmern. Die erste Saison lief trotzdem ganz okay, aber im Jahr darauf hatte ich mich schwer verletzt und kam im letzten Saisondrittel dann gar nicht mehr zum Einsatz.

Dein Weg führte darauf hin nach Oberhausen, Westerlo, Burghausen, Elversberg und Saarbrücken. Und fast zu Leeds United, wie ich gelesen habe.
Das stimmt, eigentlich war damals schon alles klar, wir waren uns einig, die Verträge waren schon vorgefertigt. Ich habe dort sogar zwei Freundschaftsspiele absolviert und einige Tore gemacht. Aber der Deal platzte leider im letzten Moment durch Unstimmigkeiten zwischen Beratern. Das wäre schon noch einmal schön gewesen, aber so bin ich eben in Saarbrücken gelandet und hatte dort nochmal eine richtig gute Zeit.

Zwei Sätze zum FCA aktuell.
Die Situation ist natürlich gefährlich. Aber ich glaube trotzdem, dass der FCA am Ende nicht in die zweite Liga runtergeht, weil man einfach sehr viel Erfahrung im Abstiegskampf hat und in Augsburg nicht so leicht in Panik verfällt. (ws)

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Stadionkurier