

Axel Bellinghausen: Der letzte Grasfresser der Liga
Das Fußball-Magazin 11FREUNDE hat ihn einmal als den „vielleicht letzten Grasfresser der Liga“ bezeichnet. Nach über 400 Profieinsätzen geht Axel Bellinghausen mit der Fortuna in seine letzte Saison. Walter Sianos funkte ins Rheinland durch.
Hallo Herr Bellinghausen!
Walter, altes Haus! Schön, wieder mal was aus der früheren Heimat zu hören. Wie geht´s, wie steht´s?
Alles tipptopp. Und selbst?
Danke der Nachfrage, ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass es mir überragend geht.
Das hört man gerne. Wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Ich bin eben vom Training nach Hause gekommen und sitze jetzt gemütlich auf meiner Terrasse und genieße die Sonne.
Sauber! Wenn ich richtig informiert bin, dann ist das deine letzte Saison als Profi und deine Vita lässt sich mehr als sehen. 221 Spiele für Fortuna Düsseldorf, 103 für Kaiserslautern, 82 für den FCA, also insgesamt über 400 Einsätze ... Das ist eine Menge Holz. Schwingt schon etwas Wehmut mit?
Ja natürlich, allerdings jetzt noch eher unterschwellig. Im Moment überwiegt die Vorfreude auf jedes Spiel und auf jedes Training. Wenn man weiß, dass das Ende naht, dann trainiert und spielt man viel intensiver. Die Vorfreude auf diese Spielzeit ist sehr groß, aber ich denke, die Wehmut wird im Laufe der Rückrunde einsetzen.
Gibt es schon Pläne für die Zeit danach?
Ja, die gibt es. Ich bin diesbezüglich mit den Verantwortlichen von Fortuna schon in Kontakt. Ich habe die Möglichkeit, beim Verein tätig zu werden und die finalen Gespräche dazu wird es in der Winterpause geben. Aber ich bleibe der Fortuna definitiv in anderer Position erhalten.
Du bleibst dem Fußball also treu?
Gott sei Dank, ich kann halt auch irgendwie nichts anderes. (lacht) Aber im Ernst, als Profi ist dein Tagesablauf komplett durchstrukturiert, du bekommst gesagt, was zu tun ist. Das wird sicherlich eine Umstellung für mich werden, aber ich bin gewillt, neue Dinge zu lernen und mir alles neu zu erarbeiten. Jedenfalls freue ich mich schon auf meine neue Aufgabe.
Wenn du an all die Jahre zurückdenkst, welche Momente sind unsterblich?
Da gibt es eine ganze Menge. Zunächst denke ich an mein erstes Spiel im April 2002 als A-Jugendlicher für die Profi-Mannschaft der Fortuna gegen Preußen Münster, wir haben 2:0 gewonnen und von da ab war ich im Team. Unvergesslich bleibt für mich auch der 18. Mai 2008. Wir waren mit dem 1. FC Kaiserslautern schon mit einem Bein in der 3. Liga und konnten uns im letzten Spiel gegen den 1. FC Köln gerade noch retten. Man kann sich vorstellen, was da in der Pfalz geboten war. Und last not least der Aufstieg mit dem FCA 2011 gegen den FSV Frankfurt, also das 2:1 mit dem Tor von Stephan Hain kurz vor Schluss. Ich habe immer noch dieses Bild vor Augen, als wir eine Couch auf das Spielfeld geschoben haben und ich dann später mit Daniel Baier auf einer Kiste Bier auf dem Mittelkreis saß und wir uns dachten: „Wahnsinn, was wir hier geschafft haben“.
Von 2009 bis 2012 hast du für den FC Augsburg in der 2. Bundesliga gespielt. Du bist damals als Kapitän vom 1. FC Kaiserslautern gekommen. Wenn du an die Augsburger Zeit denkst, was bleibt dann? Gibt es noch eine Bindung zur „alten Heimat“?
Es war sportlich meine erfolgreichste Zeit. Im ersten Jahr haben wir den Relegationsplatz erreicht, sind aber leider gegen Nürnberg gescheitert, dann das DFB-Pokal-Halbfinale in Bremen. Im zweiten Jahr folgte der Bundesliga-Aufstieg und im dritten Jahr haben wir die Klasse gehalten. Ich habe viele tolle Menschen kennen gelernt, wie etwa Tobi Werner oder Simon Jentzsch, aber es sind auch viele Freundschaften außerhalb des Fußballs entstanden. Ich bin stolz darauf, dass ich immer wieder nach Augsburg kommen kann und dort gerne gesehen werde.
Nach diesen drei Jahren bist du wieder zum Klub deines Herzens gewechselt. Es ist ja kein Geheimnis, dass dein Herz wild für die Fortuna schlägt.
Das stimmt. Irgendwann in der Winterpause 2011/2012 hat mir den FCA mitgeteilt, dass er nicht mehr mit mir plant. Die Gespräche mit Luhukay und Rettig waren super offen, ich habe um eine faire sportliche Chance gebeten, um nicht auf der Bank zu landen. Das hat mir der Verein versprochen und sie haben sich auch daran gehalten, was ich den Herren hoch anrechne. Ich hatte mehrere Angebote von verschiedenen Klubs, aber als die Fortuna bei mir angeklopft hat, gab es kein Halten, obwohl damals noch nicht abzusehen war, in welcher Liga der Klub spielen würde. Umso schöner war es dann, als die Fortuna den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hatte.
Da gab’s ja mal ein kurioses Spiel im Januar 2013 in Düsseldorf, als Sascha Mölders mit seinem Allerwertesten eingenetzt hat. Endstand war 3:3 und der FCA hat in einer großartigen Aufholjagd den Klassenerhalt feiern können.
(lacht laut) Ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Und derjenige, der den Ball an Saschas Hintern geschossen hat, spielt jetzt bei euch: Fabian Giefer.
Fortuna ist ja ein Verein mit großem Potential, aber irgendwie scheint in den Verein auch niemals echte Ruhe einzukehren, oder?
Es ist tatsächlich so, in den vergangenen Jahren war immer relativ viel Unruhe und eine große Fluktuation, nicht nur bei den Spielern. Wir fahren aber jetzt schon seit geraumer Zeit mit unserem Vorstandvorsitzenden Robert Schäfer und dessen Team in einem ruhigen Fahrwasser. Ähnlich wie bei Luhukay und Rettig haben wir einen Zeitplan für die Zukunft aufgestellt und im Moment grüßen wir ja sogar von der Tabellenspitze. Die Weichen sind also schon mal gestellt.
Gibt es noch etwas, was du in Richtung Augsburg loswerden willst?
Ja! Ich träume von einem großem Wiedersehen zum 10-jährigen Aufstiegsjubiläum des FCA. So ein Fest mit der ganzen Truppe von damals. Wenn der FCA da was machen würde, wäre das phantastisch.
Das wäre ja in drei Jahren. Ich denke mal, dass der FCA sich da nicht lumpen lässt!
Das wäre grandios. Ich freue mich schon darauf. Bis dahin: Gruß nach Augsburg und alles Gute in dieser Saison!
Das Interview mit Axel Bellinghausen ist erstmals im Stadionkurier gegen Rasenballsport Leipzig erschienen. Als Vereinsmitglied können Sie den Stadionkurier auch online lesen. Einfach mit dem Mitglieder-Login anmelden und den neuesten Stadionkurier herunterladen.
STADIONKURIER AUSGABE 03 | SAISON 2017/2018
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- u. v. m.
