Was macht eigentlich Karl-Heinz Suttner?
"Das Ende der Fahnenstange ist noch gar nicht sichtbar"
Karl-Heinz Suttner spielte in der Saison 2000/2001 für den FC Augsburg. Er erlebte sozusagen die dunkelste Stunde der Vereinsgeschichte, als der Klub wegen des Infomatec-Konkurses in die Bayernliga zwangsabsteigen musste. Der FCA war als Außenseiter in diese erste Saison als Viertligist gestartet, am Ende sprang aber ein überraschend guter vierter Platz heraus. Im Stadionkurier zum Leverkusen-Spiel blickte „Kalle“ Suttner noch einmal auf die Zeit zurück.
Servus Kalle, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Ich bin zuhause, ich habe freitags immer frei. Ich arbeite für einen großen Mineralölhandel in Wertingen. Die 4-Tage-Woche ist eine super Sache, denn bei mir gibt es immer was zu tun, auf der Couch liegen ist also nicht drin.
Wie überrascht warst du von meinem Anruf?
Oli Remmert ist mein Schwager und den hast du vor einigen Monaten schon interviewt. Von ihm wusste ich, dass er dir meine Mobilnummer gegeben hat. Aber nachdem das jetzt schon einige Wochen her ist, dachte ich nicht mehr daran und war deshalb jetzt doch ein bisschen überrascht. Und natürlich erfreut!
Sehr gut. Du bist im Jahr 2000 nach Lizenzentzug und Zwangsabstieg in die Bayernliga zum FC Augsburg gewechselt. Wie kam das damals zustande?
Auch das lief über Oli Remmert, der schon beim FCA spielte. Ich hatte in der Saison zuvor in Aindling eine sehr gute Vorrunde gespielt und so wurde FCA-Manager Fritz Bäuml auf mich aufmerksam. Trainer war damals Hans-Jürgen Boysen, der mich zu einem mehrtägigen Probetraining einlud. Ein Transfer kam aber nicht zustande und man einigte sich darauf, in Kontakt zu bleiben. Ich habe in Aindling dann auch eine sehr starke Rückrunde gespielt, wo mir viele Tore gelungen sind, und daraufhin habe ich dann doch noch einen Vertrag in Augsburg unterschrieben.
Aber dann kam der Zwangsabstieg in die Bayernliga.
Genau, das war erst einmal bitter, denn die Regionalliga war für mich natürlich ein Traum. Aber nachdem der Oli dem FCA in der Bayernliga die Stange gehalten hat, habe ich mich auch dafür entschieden. Ich habe in Augsburg die definitiv besseren Perspektiven gesehen, obwohl wir in der ersten Saison ein brutal zusammengewürfelter Haufen waren.
Beim ersten Training für die Bayernliga-Saison 2000/2001 fanden sich gerade mal neun Spieler ein.
Genau so war es und ein Trainer war auch noch nicht da. Aber Fritz Bäuml blieb immer cool und meinte, dass wir die Ruhe bewahren sollen. Als der FCA dann Gino Lettieri von Bayern Hof verpflichtete, ging es in die richtige Richtung. Innerhalb von zwei Wochen hatten wir sogar eine Mannschaft, aber keiner wusste natürlich, wohin genau diese abenteuerliche Reise führen würde.
Kaum zu glauben, dass sich der TSV Aindling und der FCA damals auf Augenhöhe begegneten.
Wenn man es nicht wüsste, würde man es nicht glauben. Die Wege der beiden Klubs gingen in völlig verschiedene Richtungen, der FCA stieg sensationell in die Bundesliga auf und in Aindling gingen erst einmal die Lichter aus. Inzwischen ist aber auch der TSV wieder auf einem guten Weg.
Was waren denn die Unterschiede zwischen beiden Teams?
Obwohl der FCA damals so ziemlich am Boden war, hat man doch gemerkt, dass der Klub einfach eine ganz andere Hausnummer ist. Aindling, und das meine ich nicht despektierlich, war halt doch ein Dorfklub.
Bildergalerie auf der FCA-Homepage!
Die Saison lief für dich ziemlich gut, am Ende sprang überraschend Platz vier heraus. Du hast fast alle Spiele absolviert und dabei neun Treffer erzielt. Wie hast du dieses Jahr noch in Erinnerung?
In sehr guter! Ich habe noch viele Zeitungsausschnitte von damals aufgehoben, es war definitiv eine sehr interessante und spannende Zeit. Und obwohl wir, wie ich vorhin schon erwähnte, eine zusammengewürfelte Truppe waren, hatten wir eine tolle Kameradschaft. Im Team waren einige wilde Hunde und Freaks, die vorangegangen sind.
So wie Alex Contala.
Genau, an den musste ich jetzt denken (lacht). Toll war auch der Support der Fans, egal wo wir hinfuhren, ob‘s jetzt im Trainingslager war oder zu den Auswärtsspielen, ein Bus war immer dabei und hat für super Stimmung gesorgt. Und nach den Spielen saßen wir immer mit den Fans in der Stadiongaststätte. Das war schon seine super Erfahrung für mich.
Gleich beim ersten „Auswärtsspiel“, beim Derby gegen Schwaben Augsburg, hast du dein erstes Tor für den FCA erzielt.
Genau, wir haben 3:2 gewonnen und auf der Tribüne ging echt der Punk ab. Schwaben hatte damals mit Spielern wie Werner Heiß, Michael Dewitz, Jürgen Kedrusch oder Stefan Scheurer eine super Truppe.
Warum bist du nach nur einer Saison wieder zurück nach Aindling?
Naja, das ist so eine Geschichte. In der Rückrunde waren plötzlich oft bis zu sieben Spieler zum Probetraining da. Irgendwann hat das etwas genervt, weil man sich gar nicht mehr richtig konzentrieren konnte. Ich bin kein wirklich diplomatischer Typ und trage mein Herz auf der Zunge. Also bin ich zu Präsident Walther Seinsch und habe mich deswegen bei ihm beschwert. Das ist bei ihm wohl nicht so gut angekommen. Lettieri wollte mich zwar behalten, aber ich bekam trotzdem keinen neuen Vertrag mehr. Doch das ist Schnee von gestern, ich bin nicht nachtragend. Ich wäre gerne beim FCA geblieben, daraus habe ich auch nie ein Geheimnis gemacht.
Ironie des Schicksals. In der darauffolgenden Saison kam es gleich am ersten Spieltag im Schüsselhauser Kreuz zu Aindling zum Derby vor sagenhaften 3.800 Zuschauern. Der FCA war mit großer Euphorie und als Topfavorit in die Saison gegangen. Aber Aindling gewann mit 2:1, ein Tor konntest ausgerechnet du erzielen.
Per Kopf zum 2:0, das war natürlich ein absoluter Wahnsinn und eines der geilsten Spiele in meiner ganzen Karriere. Der FCA hatte damals eine super Mannschaft, die waren nur noch nicht eingespielt und wir hatten Glück, dass wir sie am ersten Spieltag hatten. Ein paar Wochen später hatten die uns wohl auseinandergenommen.
Beim FCA spielte immer noch dein Schwager Oli Remmert. Wie oft hast du ihm dieses Spiel anschließend noch reingedrückt?
In den ersten Wochen musste er sich natürlich einiges von mir anhören (lacht). Es war immer super, gegen ihn zu spielen, selbst Jahre später, als wir uns in den unteren Ligen immer wieder begegnet sind, haben wir uns nie etwas geschenkt.
Du hast noch lange gespielt, bei Klubs wie TSV Aindling, DJK Lechhausen, SC Bubesheim, SV Adelsried oder SV Thierhaupten.
Fußball war immer meine Leidenschaft, ich habe als sechsjähriger Knirps angefangen, im Verein zu spielen, und mit 40 stand ich immer noch auf dem Platz.
Sogar einige Jahre als Trainer.
Ja, hauptsächlich als Spielertrainer, aber irgendwann wurde mir dann der Aufwand zu groß. Aber ich kicke heute noch bei den alten Herren, so ganz gemütlich, denn ganz ohne Fußball geht es dann doch nicht.
Wie intensiv verfolgst du heute noch den FCA?
Ich sympathisiere sehr mit dem FCA, keine Frage. Und ich verfolge das Geschehen auch mit großem Interesse. Es ist schon unglaublich, was sich in den letzten zwei Jahrzehnten getan hat, ich kann das ja beurteilen. Dort wo früher ein paar in die Jahre gekommene Trainingsplätze standen, prangert ein ultramodernes Nachwuchsleistungszentrum. Das ist ein echtes Fußballmärchen und ich denke, beim FCA ist das Ende der Fahnenstange noch gar nicht sichtbar.
Wo landet der FCA am Saisonende?
Wie gesagt, ich habe ein sehr gutes Gefühl mit Thorup und glaube, dass der FCA am Ende auf Platz zehn bis zwölf steht. (ws)
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