Was macht eigentlich Andrew Sinkala?
„Ich verbinde mit Augsburg sehr viele schöne Momente“
Andrew Sinkala wechselte bereits als 18-Jähriger zum FC Bayern München. Über die Umwege 1. FC Köln und SC Paderborn führte sein Weg 2008 zum FC Augsburg, mit dem er 2012 den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Heute lebt der 22-fache sambische Nationalspieler im Kölner Raum und ist seit einigen Jahren im Nachwuchsbereich als Trainer tätig. Walter Sianos funkte zu ihm ins Rheinland durch.
Hallo Andrew, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Zuhause in Köln, ich komme gerade aus meinem Garten, da gibt es immer etwas zu tun.
Du warst im September beim Abschiedsspiel von Daniel Baier eingeladen. War das für dich auch so ein emotionaler Tag wie für viele andere Spieler?
Definitiv, ich war nach über zehn Jahren mal wieder an meiner alten Wirkungsstätte und es war schon ein sehr besonderer Tag, denn ich verbinde mit Augsburg nach wie vor sehr schöne Momente, auch weil meine Tochter hier geboren ist. Ich war Daniel sehr dankbar, dass er mich eingeladen hat, und es war toll, die alten Kollegen von damals wiederzusehen. An diesem Tag sind sehr viele Erinnerungen wieder hochgekommen, denn ich hatte eine wunderbare und erfolgreiche Zeit in Augsburg.
Deine Karriere startete in Europa gleich beim deutschen Rekordmeister Bayern München. Du wurdest 1999 bei der U20-WM, die in Nigeria stattfand, von Scouts entdeckt. Wie war das, als du zum ersten Mal in der Säbener Straße angekommen bist?
Das werde ich natürlich nie in meinem Leben vergessen, der FC Bayern ist nun mal einer der größten Vereine der Welt. Ich war gerade mal 18 Jahre alt, als ich nach Deutschland gekommen bin. Für mich war das ein echter Kulturschock und Gott sei Dank war das Wetter von den Temperaturen her angenehm, denn bis dahin hatte ich in meinem Leben noch keinen Schnee live erlebt und der erste Winter in Deutschland war wirklich hart für mich.
Wie kam der erste Kontakt zustande?
Als ich während der U20-WM vom Interesse des FCB erfahren habe, konnte ich es zunächst nicht glauben. Ich wurde noch in Nigeria kontaktiert und habe meinem Vater am Telefon davon berichtet. Er meinte aber ganz cool, wenn der FC Bayern dich wirklich will, dann werden sie auch zu uns nach Hause kommen.
Und er kam …
Genauso war es, als wir nach dem Turnier wieder nach Sambia zurückgeflogen sind, saß Bayern-Scout Wolfgang Dremmler in der gleichen Maschine wie wir, da wusste ich, die meinen es ernst. Und eine Woche später hatte ich ein Flugticket in der Tasche und so war der Weg nach Europa geebnet.
In der Saison 1999/2000 warst du im Kader mit Spielern wie Effenberg, Elber, Kuffour, Kahn, Scholl, Basler oder Lizarazu. Das sind Namen, die heute noch klingen. Da steht man als 18-Jähriger wahrscheinlich mit großem Respekt da.
Der Respekt war riesig, ich kannte ja alle Spieler aus dem Fernsehen. Alles kam mir so unwirklich und skurril vor. Aber ich muss da dem FC Bayern ein großes Kompliment machen, sie haben sich wirklich sehr darum gekümmert, dass ich mich möglichst schnell akklimatisiert und integriert habe. Ich hatte auch das Glück, mit meinem Teamkollegen David Jarolím einen Zimmernachbarn zu haben, der mir sehr geholfen hat und mit dem ich viel unternommen habe, wie auch mit Patrick Mölzl, der ja auch für den FCA aktiv war.
Danach bist du zum 1. FC Köln gewechselt und über den Umweg SC Paderborn 2008 in Augsburg gelandet.
Nach einer Lungenentzündung musste ich erst einmal länger pausieren. Der SC Paderborn war damals in die 3. Liga abgestiegen und ich wollte dort nicht mehr bleiben und mich umorientieren. Zu dieser Zeit rief mich FCA-Manager Andreas Rettig an, den ich noch aus Kölner Zeiten kannte, ob ich mir einen Wechsel nach Augsburg vorstellen könnte. Trainer war damals Holger Fach, der auch mein Coach in Paderborn war.
"Diese vier Jahre waren wirklich eine sehr tolle Zeit, die Mannschaft hat von Anfang an funktioniert, der Teamspirit war überragend"
Der FCA kam für dich im Prinzip zur richtigen Zeit.
Ja, das kann man definitiv so sagen. Diese vier Jahre waren wirklich eine sehr tolle Zeit, die Mannschaft hat von Anfang an funktioniert, der Teamspirit war überragend und es ist kein Zufall, dass wir damals aufgestiegen sind. Obwohl ich jetzt über zehn Jahre im Rheinland lebe, bin ich dem FCA heute noch sehr verbunden, ich fiebere tatsächlich am TV-Gerät mit, wenn sie spielen, und drücke ihnen immer die Daumen.
Du bist mit Köln in die 1. Bundesliga aufgestiegen, bist Deutscher Meister und Pokalsieger mit dem FCB geworden, mit dem FCA gelang dir 2012 der Aufstieg in die Bundesliga und mit Sambia hast du zwei Mal am Afrika-Cup teilgenommen. Da kann man zufrieden zurückblicken, oder?
Ja natürlich, obwohl man als ehrgeiziger Sportler immer nach dem Höchsten strebt. Aber ich hatte eine sehr erfüllte Laufbahn und bin dankbar, dass ich diesen Weg gehen und das alles durchleben durfte.
Wie hast du den legendären Bundesliga-Aufstieg 2012 in Erinnerung?
Natürlich noch sehr warm und positiv. Man ist sich bewusst, dass man ein Teil dieses doch historischen Moments war, wir haben mit dem Bundesliga-Aufstieg eine ganze Region glücklich und stolz gemacht. Wir waren ein wichtiger Puzzlestein in der Historie dieses Klubs und es ist fast unglaublich, dass sich der FCA jetzt in der 13. Saison im Fußball-Oberhaus behauptet.
Was war dein persönliches Highlight?
Diese Frage wird mir oft gestellt. Die Aufstiege mit Köln und Augsburg waren wirklich eine überragende und emotionale Erfahrung. Aber das Champions-League-Spiel des FC Bayern im Olympiastadion gegen Dynamo Kiew war für mich schon der bewegendste Moment, auch wenn ich nur auf der Bank saß und nicht zum Einsatz gekommen bin. Aber an diesem Tag wusste ich, dass ein großer Traum für mich in Erfüllung gegangen ist.
Du bist seit einigen Jahren Trainer in der Kölner Gegend.
Das stimmt, ich bin seit 2015 im Juniorenbereich tätig, war zuvor beim FC Hennef 05 und trainiere aktuell die U19 vom Kölner Klub FC Pesch. Wir spielen in der Bezirksliga und stehen derzeit souverän an der Tabellenspitze. Mir macht das unheimlich viel Spaß und ich sehe meine Zukunft auch an der Seitenlinie.
Du hast vorhin erwähnt, dass du den FCA sehr intensiv verfolgst. Wo landen wir deiner Meinung nach am Ende der Saison?
Wie ich schon sagte, es ist eine außerordentliche Leistung, dass der Klub sich schon so lange in der Bundesliga hält und nebenbei ein eigenes Stadion und ein Nachwuchsleistungszentrum besitzt. Ich habe natürlich mitbekommen, dass der FCA mit Jess Thorup jetzt einen neuen Trainer hat. Ich kenne ihn zwar nicht persönlich, aber der erste Eindruck ist sehr positiv und ich hoffe, dass er das Potenzial der Mannschaft ausschöpfen kann. Ich bin optimistisch, dass der FCA den Klassenerhalt schaffen wird. (ws)